26.02.2021

Nürnberg. „Patienten mit seltenen Erkrankungen leben immer sicherer“, sagt Professor Dr. Tino Münster, Direktor der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg. „Denn wir wissen immer mehr über die Besonderheiten, die mit solchen Krankheiten verbunden sind. Und dank einer EU-Initiative wird dazu auch immer mehr geforscht.“

Operationen schneller oder überhaupt erst möglich machen

Genau vor zehn Jahren haben Professor Münster und zahlreiche Mitstreiter - zuerst aus Deutschland und später weltweit - damit begonnen, in dem Projekt „OrphanAnesthesia“ entscheidende Informationen für Narkosen bei Menschen mit seltenen Erkrankungen zu sammeln. Muss ein Patient mit einer seltenen Krankheit operiert werden, können diese Handlungsempfehlungen für den Anästhesisten sehr hilfreich sein. Durch die Informationen können die Patienten dann schneller - oder überhaupt erst - behandelt werden. Auf die besondere Situation dieser Menschen wird am kommenden Sonntag, 28. Februar, mit einem „Tag der seltenen Erkrankungen“ aufmerksam gemacht.

Aus der Kinderanästhesie entstanden

„Wir haben angefangen mit einer Beschreibung der Narkose bei Patienten mit Muskeldystrophie des Typs Duchenne“, erinnert sich Professor Münster. Entstanden war die Initiative aus dem „Wissenschaftlichen Arbeitskreis Kinderanästhesie“ der „Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin“ (DGAI). Leidet ein Mensch unter einer seltenen Erkrankung, wird der Anästhesist bei ihm oft schon im Kindesalter vor der Herausforderung stehen, eine besonders behutsame Narkose machen zu müssen. Aus den ersten Beschreibungen wurde allmählich eine Sammlung, die durch Fallbeispiele ergänzt wurde und eine Struktur bekam. Letztlich entstand daraus 2011 das Online-Angebot „OrphanAnesthesia“.

Schätzungsweise sieben Prozent der Menschen in Deutschland leiden unter einer seltenen Erkrankung. Heute können Ärztinnen und Ärzte über das Internet in „OrphanAnesthesia“ Narkose-Empfehlungen zu fast 200 Krankheiten nachlesen. Die Sammlung reicht von „A“ wie „Ahornsirupkrankheit“ bis „Z“ wie „Zystische Fibrose“. Die Kapitel wurden inzwischen auch in sechs andere Sprachen übersetzt wie zum Beispiel in Spanisch, Italienisch oder Tschechisch. Damit werden die Informationen für immer mehr Ärztinnen und Ärzte und ihre Patienten rund um den Globus verfügbar.

Besondere Mischung aus wenig Wissen und möglichen Komplikationen

„Eine Narkose bei einem Patienten mit seltener Erkrankung ist für die Kollegen oft eine besondere Herausforderung“, erläutert Projektleiter Münster. Das wenige Wissen über die speziellen Bedingungen und die - erwiesenermaßen - höhere Rate an Narkose-Komplikationen bei seltenen Krankheiten mache die besondere Mischung aus.

Die Autoren von „OrphanAnesthesia“ wollen ihre Arbeit auch in Zukunft unermüdlich fortsetzen. In den nächsten zehn Jahren möchten sie die Sammlung der Handlungsempfehlungen deutlich erweitern, eine Plattform für Fallberichte schaffen und die Finanzierung des Projektes weiter sichern. Besonders am Herzen liegt ihnen aber auch, deutlich zu machen, dass die Anästhesiologie mit ihrem breiten Wissen - auch zu Patienten mit seltenen Erkrankungen - eine wichtige Rolle in der medizinischen Versorgung spielt.

Kontaktdaten:
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) /
Berufsverband Deutscher Anästhesisten e.V. (BDA)
Roritzerstraße 27, 90419 Nürnberg
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. / Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Tel.:0911 93378-33
www.dgai.de / www.bda.de