Walther Weißauer, geboren am 10.11.1921 in Freising, feierte kürzlich seinen 100. Geburtstag. Gleichzeitig ist es 60 Jahre her, dass der Jurist Weißauer auf Initiative von Charlotte Lehmann, der damaligen Schriftführerin des von ihr gerade mitgegründeten Berufsverbands Deutscher Anästhesisten, des BDA, mit der Anästhesie in Berührung kam. Das junge Fach steckte in einer existenziellen Krise. Acht Jahre nach Gründung einer eigenen Fachgesellschaft und der Schaffung des Facharztes für Anästhesie durch den Deutschen Ärztetag 1953 in Lindau stellte ein von chirurgischer Seite beauftragtes Gutachten diese hoffnungsvolle Entwicklung in Frage. Der Strafrechtsprofessor Karl Engisch qualifizierte die Anästhesie als „Erfüllungsgehilfin“ der Chirurgie und bestätigte damit die damals bei den Chirurgen verbreitete Selbstauffassung von deren „Prädominanz“ im Operationssaal. Das Gegengutachten von Walther Weißauer basierte auf dem Prinzip der strikten Arbeitsteilung und dem konsequent zu Ende gedachten Vertrauensgrundsatz, ohne wechselseitige Überwachungspflichten und ohne ein fachliches Weisungsrecht des Operateurs gegenüber dem Anästhesisten. Damit bahnte Weißauer den Weg zur vollen Gleichberechtigung der Anästhesiologie. Er begleitete in den folgenden Jahrzehnten als Jurist in kongenialem Zusammenwirken mit Anästhesisten wie Hans Wolfgang Opderbecke und Othmar Zierl beratend, klärend, vermittelnd und verteidigend nicht nur unser Fachgebiet, sondern nach seiner Pensionierung aus dem Dienst des bayerischen Justizministeriums als Justitiar ebenfalls die Chirurgen zum gegenseitigen Nutzen der Fachgebiete. Sein Stufenkonzept der Aufklärung prägt bis heute die in der Praxis bewährten Aufklärungsbögen weit über die Anästhesie hinaus. Er hat dafür sogar einen eigenen Verlag gegründet. Die Gründung der Medizinischen Congressorganisation Nürnberg (MCN) geht ebenso auf seine Initiative zurück wie auch die Schaffung der Aktiv Druck & Verlag GmbH, des Verlags der A&I. Walther Weißauer war kein „Schmalspurjurist“. Als humanistisch Gebildeter fokussierte er sich nicht nur auf die präzise Klärung der anstehenden Detailpunkte, sondern nahm stets die volle Bandbreite einer Fragestellung oder eines Problems in den Blick. Über 600 Publikationen, die seinen Berufsweg „säumen“, dokumentieren dieses unermüdliche Bemühen. Nachdenkend, aber auch innovativ anregend, Entwicklungen vorausgreifend wie die Grenzen intensivmedizinischer Behandlung, die Fragen der Selbstbestimmung des Patienten am Lebensende oder medikolegale Implikationen eines Schwangerschaftsabbruchs: bei all diesen Themen sind viele seiner Argumente unvermindert aktuell. Das Integral all dieser vielfältigen Aktivitäten war und ist immer der Mensch Walther Weißauer, der bei aller seinem Beruf innewohnenden Ernsthaftigkeit gemeinsam mit seiner Frau, persönlich bescheiden, stets seine Freundlichkeit, seinen Humor, seinen Kunstsinn und die herzliche Verbindung mit seinen Freunden lebt. Nach mehr als zwei Jahrzehnten in Umbrien ist er vor wenigen Jahren wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Die deutschen Anästhesistinnen und Anästhesisten gratulieren Herrn Prof. Dr. med. h.c. Walther Weißauer zu seinem 100. Geburtstag und sind sehr dankbar für sein Engagement für ihr Fachgebiet. Sie wünschen ihm noch weitere gesunde Jahre im Kreise seiner Familie und Freunde: ad multos annos! (W. Witte)